ISO 42001 und der verantwortliche Umgang mit künstlicher Intelligenz

Die Norm ISO 42001 wurde bereits 2023 veröffentlicht und soll einen strukturierten und auditierbaren Governance-Rahmen für den Einsatz von KI etablieren. Genauso wie ISO 27001 und ISO 37301 basiert der Standard auf einem risikoorientierten Managementansatz. Er richtet sich an Organisationen, die KI-Systeme entwickeln, bereitstellen oder nutzen. Dabei kann er unterstützen, verantwortungsvoll, ethisch und gesetzeskonform mit KI umzugehen.

Kernelemente von ISO 42001

Die Norm orientiert sich strukturell am bekannten High-Level-Structure-Modell (HLS), das auch bei ISO 27001 (Informationssicherheit) und ISO 37301 (Compliance Management) verwendet wird. Die wichtigsten Elemente klingen vertraut wenn man bereits andere Normen aus der ISO Familie anwendet:

1. Kontext der Organisation

  • Identifikation interner und externer Rahmenbedingungen (z. B. gesetzliche Anforderungen, ethische Erwartungen, technologische Entwicklungen).
  • Bestimmung relevanter Stakeholder und ihrer Erwartungen in Bezug auf KI.

2. Führung & Verantwortung

  • Klare Governance-Strukturen für KI (z. B. Rolle eines „KI-Beauftragten“ oder Boards).
  • Verpflichtung der obersten Leitung zur Verantwortung für ethischen KI-Einsatz.
  • Festlegung von Werten wie Transparenz, Rechenschaftspflicht und Fairness.

3. Risikomanagement & Chancen

  • Identifikation und Bewertung von Risiken und Auswirkungen des KI-Einsatzes in der Organisation, insbesondere im Hinblick auf Grundrechte und gesellschaftliche Folgen.
  • Verbindliche Integration von Impact Assessments (ähnlich Datenschutz-Folgenabschätzung bei DSGVO) in den Lebenszyklus von KI-Systemen.

4. KI-spezifische Anforderungen

  • Anforderungen an Nachvollziehbarkeit, Erklärbarkeit, Datengovernance, Bias-Reduktion, Monitoring und Notfallmaßnahmen (z. B. Ausschaltbarkeit).
  • Lebenszyklusbetrachtung: Design, Entwicklung, Test, Bereitstellung, Betrieb, Deaktivierung.

5. Dokumentation & Transparenz

  • Anforderungen an die Dokumentation von Trainingsdaten, Modellen, Entscheidungen, Audits und Feedback-Loops.
  • Stakeholder-orientierte Kommunikation über KI-Prinzipien und -Risiken.

6. Kontinuierliche Verbesserung

  • Etablierung eines PDCA-Zyklus (Plan–Do–Check–Act) für die KI-Governance.
  • Audits, Abweichungsmanagement, Lessons Learned.

Die Gemeinsamkeiten mit den etablierten Normen für Informationssicherheit und Compliance liegen damit auf der Hand:

Vergleichstabelle: ISO 42001 und verwandte Normen

Warum ist ISO 42001 noch nicht breiter bekannt?

ISO 42001 ist ganz klar der zentrale Standard für verantwortungsvolles KI‑Management, doch haben bisher nur sehr wenige KI‑Unternehmen weltweit die Zertifizierung angestrebt oder erreicht.

Die vergleichsweise geringe Bekanntheit von ISO 42001 lässt sich auf eine Kombination aus strategischen, technischen und marktbezogenen Gründen zurückführen. Dazu kommt noch, dass nur wenige Audit- und Zertifizierungsstellen bisher Prozesse oder Auditoren für ISO 42001 implementiert bzw. akkreditiert haben.

ISO 42001 ist zurzeit (noch) ein Pionier-Standard, der seiner Zeit voraus ist.

Die Akzeptanz und der Druck für breitere Anwendung dieser Norm werden jedoch im Lauf der zeit mit der Umsetzung des AI Act und wachsendem gesellschaftlichen Druck auf vertrauenswürdige KI rasch steigen.

Wenn Sie sich mit der Anwendbarkeit oder Umsetzung der ISO 42001 befassen, unterstütze ich Sie gerne mit meiner Expertise.