Die Wissenschaft treibt Europas digitale Souveränität voran

Die Wissenschaft treibt Europas digitale Souveränität voran
Photo by Łukasz Łada / Unsplash

Die jüngste Entscheidung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), gefährdete Forschungsdaten aus US-Clouds „heimzuholen“, markiert mehr als nur eine technische Maßnahme. Sie ist ein kulturhistorischer Wendepunkt und ist eine späte, aber entschlossene Reaktion auf die jahrzehntelange Abhängigkeit Europas von amerikanischer Cloud-Infrastruktur.

Die DFG ruft deutsche Forschungseinrichtungen dazu auf, Datensätze und Ergebnisse aus dem Einflussbereich von Amazon, Google und Microsoft zu lösen. Nicht aus Misstrauen gegenüber deren technologischer Kompetenz, sondern aus Einsicht: wer seine Daten nicht kontrolliert, verliert seine Souveränität.

Im Zeitraum 2025 bis 2027 sollen Fördermittel bereitstehen, um diese Rückführung zu ermöglichen, inklusive Refinanzierung bereits begonnener Sicherungsmaßnahmen. Damit signalisiert die DFG, dass die Resilienz der europäischen Wissenschaft nicht verhandelbar ist. Es geht um mehr als Speicherplatz: um Unabhängigkeit, Integrität und die Fähigkeit, Forschung dauerhaft zugänglich zu halten, auch wenn sich geopolitische Winde drehen.

Ein zentrales Element ist die Integration in die European Open Science Cloud (EOSC). Sie steht sinnbildlich für ein Europa, das eigene Strukturen aufbaut, statt fremde Server zu mieten. Resilienz bedeutet hier nicht Isolation, sondern Vernetzung auf europäischer Ebene – redundant, sicher, souverän.

Im Hintergrund schwingt der Schatten des US Cloud Act. Dieses Gesetz erlaubt amerikanischen Behörden Zugriff auf Daten von US-Anbietern, selbst wenn sie physisch in Europa gespeichert sind. Für die Wissenschaft, die auf Integrität und Vertraulichkeit angewiesen ist, ist das ein strukturelles Risiko. Hinzu kommt das politische Klima: die Rückkehr Donald Trumps in die US-Politik macht deutlich, wie fragil transatlantische Verlässlichkeit geworden ist.

Die DFG zieht daraus die logische Konsequenz: wissenschaftliche Exzellenz braucht technologische Eigenständigkeit. Digitale Souveränität ist keine nationale Nische, sondern eine Voraussetzung für freien, offenen Wissensaustausch.

Historisch gesehen könnte diese Initiative rückblickend als Beginn einer europäischen Datenwende gelten, weg von der Fremdbestimmung durch globale Konzerne, hin zu einer selbstbestimmten, demokratisch legitimierten Infrastruktur.

Die Botschaft ist klar: wer Wissen bewahren will, muss seine Daten schützen – und zwar auf eigenem Boden.

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